Platz-nehmen in Mias Blog-Adventkalender 2017

Adventkalender mit verschneiter Schlittenszene mit einem Rentier.

Vielen Dank an Mia für diese wundervolle Idee ihres ressourcenschonenden  Mias Blog-Adventkalender 2017   und die Möglichkeit daran teilzunehmen. Warum ich das ressourcenschonend so betone? Dazu gibt es noch einen weiteren Blogbeitrag in den kommenden Tagen. Jetzt dürft Ihr Euch mal über die von Mia gestartete Adventfortsetzungsgeschichte freuen und darauf gespannt sein, wie es täglich weitergeht.

Im Folgenden stammt alles kursiv Gedruckte von meinen Vorgängerinnen und einem Vorgänger, der letzte Absatz kommt von mir.

Sie lag auf dem Rücken im warmen Wasser des Außenbeckens im Solebad. Sie spürte das Wasser, das sie trug und blickte entspannt in den Nachthimmel. Der Mond erzählte ihr die Geschichte des Tages. Seine Sicht war eine völlig andere als ihre. Seine Geschichte gefiel ihr besser und als er geendet hatte, sah sie, wie etwas vom Mond herunter direkt neben ihr ins Wasser plumpste.

Es glitzerte wunderschön und ohne nachzudenken, streckte sie die Hand aus, um es zu erhaschen. Aber sie war zu langsam, hatte wohl doch einen Moment gezögert. Das Ding rutschte zwischen ihren Fingern hindurch und sank auf den Boden des gekachelten Schwimmbades. Da lag es nun. Ein schwaches Leuchten drang zu ihr herauf. Wie sollte sie an das Ding herankommen. Wenn sie eines hasste, dann war es das Untertauchen. Schon allein die Vorstellung, mit dem Gesicht unter Wasser zu müssen, jagte ihr trotz der Wärme des Solewassers eine Gänsehaut über den Rücken.

 An Entspannung war nun nicht mehr zu denken. Wie sollte sie an das matt leuchtende Etwas herankommen, das zu packen sie um Haaresbreite verfehlt hatte? Sie schaute sich suchend um, als gäbe es irgendwo im Außen eine Lösung zu entdecken. Bei aller Anspannung zwang sie sich zur Ruhe und schloss noch einmal die Augen; da fiel ihr ein, wie es gehen könnte.

 Sie dachte an Erik, den Bademeister, der ihr vor zehn Jahren in genau diesem Schwimmbad zum ersten Mal begegnet war – einen verträumten jungen Mann mit kurzen, glatt gekämmten dunklen Haaren, stets mit einem Buch vor der Nase, der sie erstaunt und an Paul Celan erinnert hatte. Damals saß er am Beckenrand auf einem dieser weißen Plastikstühle, die auch ein Solebad seinen Aufpassern zur Verfügung stellte und las in einem zerfledderten Taschenbuch, offensichtlich absorbiert von der Geschichte aus einer anderen Welt. Zunächst hatte sie sich nicht getraut, ihn anzusprechen, denn es schien ihr, als säße er inmitten einer Glocke aus flirrenden und tanzenden #Satzfragmenten, die sie nicht zu durchbrechen wagte. Doch ihr war der Lieblingsring ihrer Großtante beim Schwimmen abhanden gekommen, das kostbarste Etwas, das sie besaß und sie hatte Angst gehabt, danach zu tauchen. „Entschuldigen Sie, bitte, aber ich habe etwas sehr Wertvolles im Becken verloren, könnten Sie mir vielleicht bei der Suche behilflich sein? Erik schüttelte sich kurz, blickte sie mit verklärten Augen an, zögerte danach keine Sekunde und sprang.

Natürlich war kein Erik in der Nähe. Bestimmt war er längst seinen Träumen hinterhergereist. Als sie sich hilfesuchend umschaute, vermieden die anderen Gäste jeglichen Blickkontakt. Und die aufsichtführende Bademeisterin war gerade mit einigen Kindern beschäftigt, die albernd und viel zu schnell über die glatten Kacheln geflitzt waren. Ihre Super-Idee verflüchtigte sich im Nebel des salzigen Wasserdampfes. Sie sah mit nachdenklichem Blick über die erneut von Sprudeldüsen in Bewegung gebrachte Wasserfläche, da kam ihr just das Ende eines Gedichtes in den Sinn. Verfasst von dem Lyriker Celan, an den sie damals Erik erinnert hatte. … ein Wort zu dem du herabbrennst‘. Aus ‚Feuer und Wasser‘. Das konnte kein Zufall sein.

Oder doch? Es war jetzt keine Zeit, um lange nachzudenken, schon gar nicht über dieses Gedicht, das sie seit jenem Morgen begleitet, als es eine Mitschülerin vor dem Unterricht an die Tafel schrieb. Obwohl, dieses Gedicht…, konnte es ihr gerade jetzt nützlich sein? Sie blickte auf das leuchtende Ding unter Wasser und dann lächelnd hoch zu ihrem heimlichen Verbündeten, dem Mond. Plötzlich wusste sie, was zu tun war.

 Natürlich war es riskant, ihren Posten zu verlassen. Aber sie musste etwas riskieren, wenn sie erfahren wollte, wenn sie überhaupt eine Chance haben wollte zu erfahren, was da auf dem Schwimmbadboden glitzerte. Betont lässig schwamm sie zum Glastunnel, der das Außen- mit dem Innenbecken verband, lächelte dem alten Herrn zu, der ihr entgegenkam. Mit fünf Stößen durchquerte sie den Tunnel und kletterte gleich am ersten Ausstieg aus dem Wasser. Sie lief zu ihrer Liege, streifte sich noch tropfnass ihren roten Bademantel über und kramte in ihrer Tasche.

 Ihre Hand umfasste die Taucherbrille, die sie seit Jahren in ihrer Bademanteltasche trug, obwohl sie niemals tauchte. Sie schob die getönten Kunststofflinsen über ihre Augen und das Gummiband kniff in ihren Hinterkopf. Nun sah ihr die Welt in weichen Grüntönen entgegen, eine Welt, in der sie ihren Bademantel wieder abstreifen und zurück ins Außenbecken schwimmen konnte und ihr Gesicht wieder dem lockenden Leuchten vom Beckengrund zuneigte. Doch niemals würde sie es über sich bringen, ihren Kopf unter Wasser zu tauchen. Da sauste ein grün glühender Pfeil aus den Weiten des Sternenzelts herab und landete zischend im Wasser neben ihr und nun kam planschend das Köpfchen seines kleinen Passagiers an die Oberfläche. „สวัสดีตอนค่ำ“, sagte das Universalpferdchen mit heller Stimme, „ich heiße Wunschwort – und wer bist du?“ „Gertrud“, antwortete die Badende und sah erst jetzt den Fisch auf des Pferdchens Rücken. „Hallo Gertrud, ich bin Taro, gekommen, Dir einen Wunsch zu erfüllen.“ Taro reichte ihr ein Blatt, auf das sie ihren Wunsch notieren solle, den er in einem fernen Land jenseits der Meere an den Wunschbaum hängen werde. „Aber mach bitte schnell, es ist ja fürchterlich kalt bei Euch! Wie hältst Du das nur aus im Badeanzug?“

 „Musst du mich so hetzen?“, maulte Gertrud und bereute es gleich wieder, denn Taro war nett und sie sah, wie sehr er zitterte. „Tschuldigung?“, murmelte sie, überlegte kurz und länger und zwei weitere Schwimmrunden der älteren Dame mit grellpinkfarbener Badehaube weiter begann sie zu schreiben.
„ERIK!“ Echt, jetzt?“, fragte Taro. „Ich bin aus dem fernen Land der Sonne und der Wünsche hierhergereist und du schreibst „Erik“ auf den Zettel. Also, echt jetzt!“
„O.k., ich überlege nochmal. Willst du vielleicht solange in das warme Entspannungsbad gehen, dann musst du nicht so frieren!“, bot Getrud an und hoffte so ihre Unhöflichkeit von eben wiedergutzumachen. Sie hatte die letzten Worte kaum ausgesprochen, da war Taro auch schon verschwunden und ein spitzer Schrei aus dem Entspannungsbad zeigte ihr, dass er angekommen war. Gertrud schaute in den Nachthimmel, aber da war kein Wunsch mehr abzulesen. Sie seufzte, rückte ihre Taucherbrille zurecht und schrieb. „Na, endlich!“, sagte Taro, wieder neben ihr. „Ist das dein Ernst?“, fragte er mit Blick auf das Wort. „Ja!“, sagte Gertrud genervt und fragte sich kurz, ob Taro wirklich die Idealbesetzung für diese heikle Aufgabe war. „Na, dann schauen wir mal, ob der Wunschbaum das besser versteht als ich!“, sagte Taro.

Mit einem Kopfschütteln packte Taro das Blatt mit Gertruds Wunsch unter seine linke Seitenflosse und verabschiedete sich mit einem genervten „na dann“ von Gertrud. Dann verschwand er und das Universalpferdchen in den Nachthimmel so plötzlich wie er vorher aufgetaucht war. Nur das langsam verschwindende Glühen des grünen Pfeiles zeigte Gertrud, dass sie doch nicht geträumt hatte und die Begegnung real gewesen war. Einen Augenblick war sie so im Gedanken an diese eigenartige und skurrile Begegnung vertieft, dass sie den Grund für die Taucherbrille auf ihrer Nase fast vergessen hätte. Auf einmal fiel ihr siedend heiß ein, dass sie das Wort falsch geschrieben hatte und somit ihr Wunsch wahrscheinlich gar nicht Erfüllung ging. Traurig und enttäuscht, nahm sie die Taucherbrille ab.

Morgen geht es weiter mit Türchen 12 bei Hedda

Und dann kommen folgenden Türchen, die sich vom 13. – 24. Dezember für Euch öffnen:

Türchen 13: Renate
Türchen 14: Christiane
Türchen 15: Sonja
Türchen 16: Anne
Türchen 17: Mo
Türchen 18: Heike
Türchen 19: Anne
Türchen 20: Renate
Türchen 21: Claudia
Türchen 22: Hedda
Türchen 23: Anne
Türchen 24: Renate

Hier könnt Ihr die Geschichte noch als PDF downloaden:

Mias-Blogadventkalender-Geschichte-2017 Türchen 1 – 10

Du magst vielleicht auch

4 Kommentare

  1. Liebe Michaela,
    schön, dass Du auch mitmachst. Dass unsere Geschichten-Adventskalender ressourcenschonend ist, hatte ich bisher noch gar nicht bedacht. Jetzt finde ich ihn gleich noch besser. 😉
    Die ständigen Wendungen sind wirklich toll, vor allem weil wir Mitschreibenden auf diese Weise ja auch immer wieder überrascht werden…

    Beste Grüße
    mo…