Platz-nehmen

Die Sache mit der Fummelei

Ich bin alltagstauglich – das traue ich mir zu behaupten. No na net (hochdeutsch: das ist ja klar) im Alter von 50 Jahren – sozusagen eine Beenagerin (diese Woche ein neues Wort gelernt – meine Übersetzung -> der Geist ist noch jung,  habe Flausen im Kopf aber die Hülle ist nicht mehr ganz taufrisch, aber andere Geschichte 🙂 )

Grundsätzlich sind alle meine 10 Finger geschickt, handlungsfähig, kreativ – sozusagen feinmotorisch im guten Bereich. Ich habe eine gewisse Fehlsichtigkeit, die mich zum Teil schon lange begleitet (zu viele schlaue Bücher gelesen in meinem Leben 😉 ) und natürlich mit fortschreitendem Alter nicht besser wird, nur vielfältiger.

Und dann sinniere ich mal wieder vor mich hin, wie soll das weitergehen mit mir und meinen Katern? Werden wir eines Tages verhungern? Ganz ehrlich, mir würde ja so eine Vor-der-vollen-Dose-mal-hungrig-bleiben-Diät ja nicht schaden. Aber meinen Katern mag ich das nicht antun.

Wovon ich rede? Nicht zu erraten? Ich rede von der hohen Kunst des Verpackung-Öffnens. Klingt komisch? Findet Ihr?

Geschichten aus dem Alltag

Mein Essig ist aus, ich möchte eine neue Flasche öffnen. Sie ist oben versiegelt, eine kleine, ca. 5x5mm große (oder besser gesagt kleine) Lasche bildet den Zugang zum Essig-Glück. Tja, gerade habe ich mir den Nagel total abgerissen und ich kann die Lasche nicht greifen, ich mach mich auf die Suche nach meiner Pinzette, um an den Inhalt der Flasche zu kommen.

Letztens bekam ich Besuch von einer lieben Freundin. Es gab Grund zu feiern. Meine Freundin hatte eine Flasche Prosecco dabei. Wir wollten sie „köpfen“ – die Flasche, nicht die Freundin, um Missverständnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen! Es wurde zum Schauspiel in diversen Akten. Zum Schluss hätten wir sie wirklich fast geköpft, weil sich der Korken einfach nicht bewegen wollte. Doch letztendlich konnte der kleine Kork der Feierlaune und dem Frauenpower von zwei zu allem entschlossenen Frauen nichts mehr entgegen halten. Er hatte keine Chance,  hatte sich wirklich wacker geschlagen. Wobei, man beachte – es brauchte zwei Frauen für das Öffnen dieser Flasche.

Mahlzeiten für meine beiden Kater – wer weiß, wie lange ich als Frauli noch für die beiden tragbar bin. Gerade zur Fressens-Zeit geht es um jede Sekunde, da kann eine ungeschickte Dosen- oder Beutel-Öffnerei über Leben und Tod entscheiden (Wer selbst Katzen hat, weiß auf jeden Fall wovon ich spreche!). Und darum ging es in letzter Zeit öfter. An den Dosen reißen die Laschen ab, die Einriss-Ritzen an den Beuteln sind so schlampig gemacht, dass ich teilweise mit Dosenöffner beziehungsweise Schere zur Tat schreiten muss. Und wie gesagt, dabei verliere ich natürlich wertvolle Sekunden.

Dieser Tage kam ein Paket mit Express-Dienst und was soll ich sagen? Ich konnte den Absender nicht einmal mehr mit Lesebrille entziffern. Wenn da eine Fliege draufgesch… hätte, wäre der halbe Absender bedeckt gewesen – bei der Schriftgröße kein Wunder. Die vorgestanzte Perforierung hielt auch nicht, somit war nach 10cm Schluss und ich brauchte wieder ein Hilfsmittel, damit ich in das Paket kam.

Ich kaufe mir ein Buch. Da ich bei Büchern ziemliche Monk-Allüren habe, sind mir die in Plastik eingeschweißten, originalverpackten Exemplare immer noch die liebsten (soweit vorhanden). Mein Problem zu Hause? Die Fingernägel sind meist zu kurz und ich mag zwar manchen Menschen ein Ohr abkauen, aber doch nie meinen Büchern. Somit braucht es wieder ein Hilfsmittel wie Schere oder Messer, um durch die Plastikhülle zu kommen – Taschenbücher gehören zu der Meisterklasse der Fummelei (Thema Plastik wäre zusätzlich noch zu hinterfragen – aber das ist dann wieder eine andere Geschichte!)

Wieder einmal bekomme ich Besuch zum Kaffee. Die meisten BesucherInnen trauen sich ohnehin nicht mehr um Milch zu bitten. Aber für die ganz Hartnäckigen habe ich zur Reserve immer diese kleinen Kondensmilch-Portionen zu Hause. Wenn ich es schon unfallfrei schaffe, das benötigte Portiönchen von den anderen zu trennen, wird sich spätestens der Besuch beim Öffnen ankleckern. Unglaublich, was in so eine kleine Packung reinpasst – mit ca. 7,5g Kondensmilch kann man sich ganz schön viel Kleidung versauen.

Beim Altglas-Entsorgen bin ich wirklich brav, da lasse ich nichts auf mich kommen. Aberrrr, wenn ich mir fast die Pulsadern aufschneide, weil diese kleinen Plastikdinger am Flaschenausguss  nicht ohne messerunterstützte Brachialgewalt herauszubekommen sind detto die Metallringe am Flaschenhals, dann überlege ich schon, ob ich die Flasche nicht einfach mit “Accessoire” in den Container schmeiße. Aber das tut man ja bekanntlich nicht!

Hundert und eine Fummelei

Solche Beispiele könnte ich noch viele nennen:

Verpackung und das selbstbestimmte Leben!?!?

Meistens schaffe ich es ja, mich gegen die Tücken der diversen Verpackungen durchzusetzen. Doch an manchen Tagen, wenn ich genervt oder im Stress bin, möglicherweise weniger konzentriert, weil müde, dann kommen eben diese Gedanken, wie das wohl mal sein wird?  Sicher, diese Tage (oder auch nur Momente) vergehen wieder und doch bleibt Nachdenklichkeit zurück.

Was sich hier so (möglicherweise) amüsant liest, kann mit zunehmendem Alter Hindernis für ein selbstbestimmtes Leben werden. Ich rede jetzt nicht einmal über die Schriftgrößen, Textlesbarkeiten auf Verpackungen – dazu wird ein weiterer Beitrag folgen.

Wenn wir von Barrierefreiheit reden, denken wir an Lifte, niedere Gehsteigkanten, ebenerdige Zugänge zu Gebäuden. Doch wann reden wir von barrierefreien Verpackungen? Wann denken wir schon daran, dass genau diese kleinen Dinge des Alltags unser Leben vielleicht so erschweren könnten? Oder möglicherweise schon erschweren, weil die Feinmotorik aufgrund von Krankheit beeinträchtigt ist.

Wie geht es Euch damit, wo fummelt Ihr schon? Welche „Kleinigkeit“ würden den Verpackungs-Alltag erleichtern ? Oder könnt Ihr meine Liste erweitern? Ich freue mich auf Eure Kommentare. (Vielleicht habe ich ja Glück und ein Verpackungstechniker oder eine -technikerin liest meinen Text und entdeckt Verpackung für Bestager oder neu Beenager – wäre doch ein neuer Wirtschaftszweig 🙂 )

PS: Ja, ich weiß, es gibt bereits diverse Hilfsmittel, um sich die Sache zu erleichtern – von Life-hack Videos auf Youtube, über Konservendosen- und Schraubverschlussöffner, Messer, Hammer und auch mal der Nachbar oder die Nachbarin.

PSPS: Als Side-Effekt zu diesem Artikel kommt natürlich wieder das Thema Plastik Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung auf, meine Freundin Tina und ich hatten dazu gerade noch eine spannende Diskussion. Also Fortsetzung wird folgen!